Seit 1997 gehört das Schadow Haus dem Deutschen Bundestag, der es bis 2013 für ca. 17 Millionen Euro denkmalgerecht hat restaurieren lassen. Es ist das einzige erhaltene klassizistische Gebäude der im 17. Jahrhundert angelegten Dorotheenvorstadt, gehört aber zu einer zweiten Bebauung, denn es steht auf den Fundamenten von zwei Vorgängerbauten. Daher die bis heute gültige Hausnummer 10-11.

Wie sich bei der Restaurierung herausstellte, trugen die Fundamente nicht mehr, und der Baugrund musste verfestigt werden. Eine langwierige und teure Angelegenheit. Ebenso kompliziert, verbunden mit streitbaren Auseinandersetzungen, war die Erhaltung des wohl ältesten Dachstuhls von Berlin, der durch ein falsches Holzschutzmittel vergiftet war. Gerade noch vor seiner Vernichtung setzte sich der Vorschlag durch, die kontaminierten Teile zu versiegeln. Foto des heutigen Hauses

Von Mai bis November 2010 ist die Fassade mit dem ursprünglich aprikosenfarbenen Anstrich versehen worden. Die durch die Schadow Gesellschaft restaurierten Originale der Supraporten sind wieder angebracht. Auch im Hof sind die Fassaden gestrichen. Leider ist nur einer der beiden marmornen Kellerhälse stehen geblieben. Der weiße Maulbeerbaum, der sich in der Mitte des Hofes befand, ist an der gleichen Stelle nachgepflanzt worden. Auch Ridolfo Schadows “Paris“ Figur ist als Geschenk der Schadow Gesellschaft in seiner angestammten Nische wieder aufgestellt. Acht Reliefplatten von J.G. Schadow, ebenfalls ein Geschenk der Schadow Gesellschaft Berlin, hängen wieder im Eingangsbereich des Hauses Ebenso wird der Amor aus Eisenguss, der ursprünglich in dem hinter dem ehemaligen Atelierbau gelegenen Garten stand, als Leihgabe des Denkmalamtes jetzt im Hof seinen Platz finden.

Hoffentlich wird die schön wieder hergerichtete Haustür, die in den Durchgang zum Treppenhaus und zum Hof führt, für den Besucher nicht ständig verschlossen bleiben. Das Haus betritt man nämlich jetzt durch einen daneben gesetzten gläsernen Anbau mit Behinderten gerechtem Aufzug.

Im Durchgang sind die von der Schadow Gesellschaft gesponserten und dem Bundestag geschenkten Reliefs wieder angebracht, wenn auch nicht mehr in die Wände eingelassen, sondern daran befestigt. Wie der Durchgang zu Schadows Zeit aussah, wissen wir nicht. Vielleicht haben Schadows Reliefs sich schon damals dort befunden. Beim Umbau des Hauses 1851 hat der Sohn Felix Schadow den Treppenaufgang verlagert und in den Zwickeln der davor gesetzten Rundbögen Reliefporträts in Tondoform von Eduard Bendemann und seiner Frau Lida, geb. Schadow auf der rechten Seite oben anbringen lassen. GegenReliefs_Eingangüber wurde die Wand ebenfalls mit Rundbögen versehen und in die Zwickel Reliefporträts von Julius Hübner, Peter Cornelius und Karl Friedrich Schinkel eingelassen. Alles Personen, die einen mehr oder weniger nahen Bezug zu dem Haus haben. Doch die Auswahl wirkt etwas willkürlich, und so kann man vielleicht annehmen, dass die Anregung dazu von Felix Schadows Schwiegermutter ausging, von Agnes d’Alton-Rauch, der Lieblingstochter des Bildhauers Christian Daniel Rauch, denn Felix hatte Rauchs Enkelin Eugenie geheiratet. Rauch hatte für die Familie seiner Tochter und für sich 1835 ein als Altersrefugium gedachtes Haus bei Halle bauen lassen, das er bildhauerisch ausschmückte. Als das Besondere dieses Schmucks galt das so genannte „Hallesche Wandstammbuch“, das im Flur und den inneren Treppenaufgängen befestigt wurde. Rauch benutzte dazu Porträts von Familienangehörigen, Kollegen, Freunden, Bekannten und Schülern. Vielleicht haben Felix, Eugenie und Agnes d’Alton-Rauch eine ähnliche Ausschmückung für das Schadow Haus im Sinn gehabt und dazu die Tondi, die schon im Besitz Schadows waren, verwandt.

Sphinx mit DeckenmalereiDie jetzige Restaurierung im Innern des Hauses orientiert sich hauptsächlich an den Befunden der Ausstattung des von Schadows Sohn Felix 1851 ausgeführten Umbaus. Der ursprüngliche Zustand von 1805 blieb dabei aber „denkmalpflegerischer Ausgangspunkt“. Heute besitzt das Haus ca. 16 Innenräume, zwei Treppen und eine Durchfahrt.

Alle Zimmer des ursprünglichen Hauses waren ausgemalt. Genaue Untersuchungen verschiedener Restauratoren brachten erstaunliche Reste der ersten Bemalung zutage, so dass man sich vor die Frage gestellt sah: soll man diese ursprüngliche Bemalung in sog. „Fenstern“ zeigen und das Übrige unifarben angleichen, oder soll man die ursprüngliche Bemalung ergänzen und dabei das Originale in seinem Zustand belassen. Für Letzteres hat man sich entschieden. So zeigen sich die Zimmer heute in einer „reduzierten Neugestaltung“ und vermitteln dem Besucher durch die farbig gegliederten Wände mit illusionistischer Architekturmalerei einen guten Eindruck von Schadows eleganter, durch die königlichen Schlösser beeinflusster Zimmerausmalung. Auch Gegenständliches kam durch die Restauratoren in den Supraporten zutage: so ist im Schlafzimmer eine Vase oder Urne und in einem der Vorderzimmer eine Sphinx zu sehen.Deckenkassette

In der oberen Etage, seit 1831 von der befreundeten Familie des Bankiers Anton Bendemann bewohnt, ist der damalige Zustand wieder hergestellt worden, da die Wohnung vor dem Einzug der Bendemanns aufwendig instand gesetzt wurde. Der schönste Schmuck des Hauses ist das große im Salon von Frau Bendemann 1837 angebrachte Wandbild „Die Künste am Brunnen der Poesie“. Es wurde gemalt von ihrem Sohn Eduard Bendemann, der in Düsseldorf bei Wilhelm Schadow als Maler ausge-bildet worden war. Allein wegen dieses für Berlin ganz einmaligen Bildes, auf dem Mitglieder der Familie Schadow und ihre aus jüdischem Umkreis stammende Freunde zu sehen sind, wäre zu wünschen, dass das Haus zukünftig hin und wieder für die Öffentlichkeit zugänglich ist.

Auch der Hof sollte für festliche Gelegenheiten gelegentlich genutzt werden dürfen in Erinnerung an Schadows bekannte große Gastfreundlichkeit, die von Achim von Arnim in einem Brief an Goethe 1806 beschrieben wird, wo es heißt, dass „die Kellerhälse im Hof aus großen Marmorplatten auf viereckten Marmorsäulen ruhend mit bunter Winde an Bindfäden im Sommer bezogen“ gewesen seien, und er stellt die Frage: „Wer hätte da nicht gerne im Sommer Wein schenken mögen allen Bildhauern zum Willkomm“?

Leider ist von der ursprünglichen Möblierung der Zimmer nichts erhalten geblieben. Um sich einen Eindruck ähnlicher Einrichtung zu verschaffen, kann man das neben der Nicolaikirche gelegene Knoblauchhaus, das Geburtshaus des Architekten Eduard Knoblauch, in Berlin besuchen, das heute dem Stadtmuseum Berlin angeschlossen ist, und 1989 als Museum für „Berliner Wohnkultur des Biedermeier“ eröffnet wurde. Nachkommen der Familie Knoblauch stifteten Möbel, Bilder und Dokumente aus der Zeit um 1830. Die Ausmalung einiger Räume in spätklassizistischer Manier fällt jedoch viel bescheidener aus als Schadows Ausmalung von 1805. Man findet im Knoblauch Haus auch noch einen Ofen von Feilner.

Früher hat es in der Bibliothek sogar einen gegeben, der als Bekrönung Schadows von der KPM in Porzellan nachgebildeten Mars trug. Solche Öfen von dem mit Schadow befreundeten Ofenfabrikanten Tobias Feilner ausgeführt, hatte Schadow in seinem Haus vor seiner zweiten Ehe um 1817 einbauen lassen. Bilder und Porträtgemälde, wie sie ähnlich bei Schadows und Bendemanns gehangen haben, kann man ebenfalls im Knoblauch Haus sehen.

Über die zukünftige Nutzung des Schadow Hauses ist viel diskutiert worden. Der Deutsche Bundestag hat entschieden, es als Bürogebäude Wandbild_Bendemannzu nutzen und hat die dafür notwendigen Anschlüsse und Sicherheits- maßnahmen auch eingerichtet. Eingezogen ist die Verwaltung der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages mit einem Kurator und mehreren Beamten. Wird in diesem ehemaligen Künstlerhaus nun auch keine Kunst mehr gemacht, so wird sie doch wenigstens verwaltet. Als „Schadow Gesellschaft Berlin“ sind wir sehr froh und dankbar, dass wir zwei kleine Räume im linken Seitenflügel mieten und jetzt als Treffpunkt und Büro nutzen können.

Die Übergabe des Hauses vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung an den Deutschen Bundestag fand am 12. Juni 2013 im Rahmen einer festlichen Einweihung statt. Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU), Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD), Vizepräsident Eduard Oswald (CSU), viele Abgeordnete und Vertreter der Schadow Gesellschaft Berlin e.V. waren anwesend. Vizepräsident Thierse nahm den historischen Schlüssel zum Schadow Haus von der Präsidentin des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung, Frau Rita Ruoff-Breuer, in Empfang.

Monika Peschken-Eilsberger
Mitglied des Kuratoriums der Schadow Gesellschaft Berlin e.V.

Foto (Hausansichten) Claudia Czok; Foto: Sabine Mildebrath (Bendemann-Fresko)

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